Hannover I Pressemitteilung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer vom 3. Juli 2019

Die Erhöhung der Betreuervergütung ist nicht das Ende. Sie steht am Anfang der dringend nötigen Reform der rechtlichen Betreuung. Das ist das Fazit einer Podiumsdiskussion, zu der die Landesgruppe Niedersachsen des Bundesverbands der Berufsbetreuer/innen am 18. Juni ins Neue Rathaus lud.

Foto: v.l.n.r. Ulf Prange (SPD), Rainer Sobota (BdB Bundervorstand) , Martin Bischof (BDB Niedersachsen), Martina Schulz-Polat (BDB Niedersachsen), Helge Limburg (Grüne), Ali Türk (Arbeitskreis der Betreuungsvereine Niedersachsen), Christian Calderone (CDU), Carola Friedrichs-Heise (BDB Niedersachsen), Dr. Marco Genthe (FDP) (c) Franz Bischof

Foto: v.l.n.r. Ulf Prange (SPD), Rainer Sobota (BdB Bundervorstand) , Martin Bischof (BDB Niedersachsen), Martina Schulz-Polat (BDB Niedersachsen), Helge Limburg (Grüne), Ali Türk (Arbeitskreis der Betreuungsvereine Niedersachsen), Christian Calderone (CDU), Carola Friedrichs-Heise (BDB Niedersachsen), Dr. Marco Genthe (FDP) (c) Franz Bischof

Unter dem Titel „Perspektiven für die rechtliche Betreuung“ diskutierten Ulf Prange (SPD), Christian Calderone (CDU), Helge Limburg (Grüne) und Dr. Marco Genthe (FDP) sowie Ali Türk als Vertreter des Arbeitskreises der Betreuungsvereine in Niedersachsen mit Rainer Sobota und Martin Bischof vom Bundes bzw. Landesvorstand des Verbands.

Der BdB setzt sich für eine Reform der gesetzlichen Betreuung im Interesse der Betreuten ein und kämpft für bessere Rahmenbedingungen, darunter eine Kontrolle des Berufszugangs, die Einführung einer Berufskammer sowie die konsequente Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Foto: v.l.n.r. Helge Limburg (Grüne), Rainer Sobota (BdB Bundesvorstand), Jan Schütte (Moderator), Dr. Marco Genthe (FDP), Ulf Prange (SPD), Christian Calderone (CDU) (c) Franz Bischof

Foto: v.l.n.r. Helge Limburg (Grüne), Rainer Sobota (BdB Bundesvorstand), Jan Schütte (Moderator), Dr. Marco Genthe (FDP), Ulf Prange (SPD), Christian Calderone (CDU) (c) Franz Bischof

Ulf Prange hält die rechtliche Betreuung für ein Berufsfeld, das sich zu einem „Erfolgsmodell“ entwickelt hat. Schwierige Betreuungsfälle gehören aus seiner Perspektive in die Hand von Profis. Betreuer, so Prange weiter, sei ein anspruchsvoller Beruf, den nicht jeder könne. Qualität habe auch mit angemessener Vergütung zu tun. Die Pauschalen müssten daher künftig auch Zusatzkosten berücksichtigen, forderte der Politiker.

Christian Calderone hielt die durch den BdB formulierte Forderung nach Einrichtung einer Berufskammer zur Sicherung der Qualität in der rechtlichen Betreuung für nachvollziehbar. Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Erhöhung der Betreuervergütung müsse sich die Diskussion nun auf inhaltliche Punkte wie Zulassung und Qualität konzentrieren. Darüber hinaus sei es eine gemeinsame Aufgabe von Politik und Berufsbetreuern, für das Berufsfeld zu werben und den Beruf attraktiver zu machen, damit auch in Zukunft Betroffene professionelle Unterstützung erhalten.

Helge Limburg befürwortet einen regelmäßigen Prozess zur Evaluation der rechtlichen Betreuung und der Rahmenbedingungen. Der Politiker will sich für mehr Klarheit und Rechtssicherheit einsetzen. Er brachte als Überlegung folgendes Modell ein: Einmal jährlich sollte künftig auf wissenschaftlicher Basis über die Betreuervergütung entschieden werden. Es dürften nicht wieder 14 Jahre vergehen bis die Vergütung angepasst werde. Ziel müsse es sein, eine stabile Qualität zu sichern und für die Betreuter das größtmögliche Maß an Selbstbestimmung zu gewährleisten.

Marco Genthe äußerte die Meinung, dass bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Juni 2019 zu viel Zeit vergangen sei. Schließlich gehe es um die betroffenen Menschen und ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. In einer Welt, die immer komplexer und komplizierter werde, werde auch rechtliche Betreuung immer anspruchsvoller. Damit stiegen die Qualitätsanforderungen an die Berufsbetreuer. Deshalb müsse das Thema Qualität ebenso im Fokus stehen wie die Qualitätskontrolle. Dazu zählen für den Politiker verbindliche Kriterien der Berufszulassung.

Ali Türk wies darauf hin, dass Berufsabschlüsse, die jahrelang als ausreichend für die höchste Vergütungsstufe anerkannt waren, plötzlich durch die Betreuungsgerichte neu bewertet werden. Dies führt häufig zu einer niedrigeren Einstufung und zum Teil zu jahrelangen Rückforderungen der Staatskasse. Dabei handelt es sich in seinem Fall oftmals um ausländische Berufsabschlüsse. Aus dem Publikum wurden auch andere Beispiele genannt. Ebenso gibt es nur unzureichend verbindliche Regelungen, ob aufwändige und teure Nachqualifikationen anerkannt werden.

Rainer Sobota, Mitglied im Bundesvorstand des BdB, stellte in seinem Statement fest, dass der BdB davon ausgehe, dass die absehbaren zukünftigen Regelungen zur Verbesserung der Qualität unweigerlich weitere Vergütungsveränderungen nach sich ziehen werden: „Insbesondere die Ausrichtung der Betreuungsarbeit auf die Anforderungen aus der UN-BRK – Stichwort „Unterstützte Entscheidungsfindung“ – wird Auswirkungen auf den fachlichen und zeitlichen Aufwand haben.“ Sobota forderte, dass es unter den Beteiligten des Betreuungswesens ein gemeinsames Verständnis von Betreuung hergestellt werden müsse. Ziel und Zweck der Betreuung sei die Unterstützung der Betroffenen in der Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens.