Hannover/Oldenburger Münsterland I Oldenburgische Volkszeitung vom 20. Juni 2018

Der Christdemokrat, der auch Damme und Neunkirchen-Vörden vertritt, wurde von Karl-Heinz Bley (Garrel) und Christoph Eilers (Cappeln) unterstützt. Auch sie lehnte sich gegen die eigene Fraktion auf.

Gegen 15:30 Uhr wirkt er wie jemand, der im Reinen mit sich ist. Wie jemand, der seinem Gewissen gefolgt ist, obwohl klar war, dass er unterliegen würde. Christian Calderone ist nach seiner Niederlage bei der Abstimmung im Landtag in Hannover zu den Säulen im Eingangsbereich des Parlaments hinaus getreten. Ein bisschen frische Luft ist jetzt angesagt Für den CDU-Abgeordneten aus Quakenbrück, der auch Damme und Neuenkirchen-Vörden vertritt. Ein bisschen Ablenkung, nachdem sich Calderone zuvor gegen seine Fraktion und gegen die in der großen Koalition verbündete SPD auf gelehnt hatte. Und zwar als es um den zusätzlichen arbeitsfreien Feiertag in Niedersachsen ging.

Mit einer breiten Mehrheit von 100 Stimmen aus den Reihen von SPD und CDU (bei 20 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen) hat der Landtag gestern diesen Beschluss gefasst: der Reformationstag (31. Oktober) wird zum gesetzlichen Feiertag.

Jener Tag also, an dem Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg mit Hammerschlägen angenagelt haben soll, mit denen er den Sündenerlass gegen Geld (Ablasshandel) kritisierte. Evangelische Christen feiern am 31. Oktober den Beginn der kirchlichen Erneuerung (Reformation). Dieses Datum zum gesetzlichen Feiertag in Niedersachsen zu erheben, wie es Ministerpräsident Stefan weil (SPD) schon im Wahlkampf gefordert hatte – das hatte für monatelange intensive Diskussionen gesorgt. Und im Landtag gab es gestern vier Änderungsanträge – einer davon stammte von einer 14-köpfigen Gruppe um Calderone. Sie war dafür eingetreten, dass der Buß- und Bettag (immer elf Tage vor dem ersten Advent Sonntag) erneut zum gesetzlichen Feiertag erhoben wird. Mit dabei: die regionalen CDU-Abgeordneten Karl-Heinz Bley (Garrel) und Christoph Eilers (Cappeln).

In der Debatte rund um ein Pro und Contra zum Reformationstag als neuen Feiertag ging es teils emotional zu – und es war Calderone, der zur Sachlichkeit aufrief. Auch mit diesen Appell: „Ein Feiertag ist ein Tag zum Feiern!. Allerdings geht es ebenso um „Erhebung“, sagt Calderone. Und hier vielfältiger einer Gesellschaft sei, um so unterschiedlicher sei es, was jeweils mit Erhebung gemeint sein könne, erklärte er. In einer Zeit der weltweiten Unruhe, der Kriege, Konflikte, des Terrors, der neuen rechten und religiösen Radikalisierung Bleibe man sprachlos zurück, sagte Calderone. Er fügte diese Frage an: „Haben wir Antworten wie Martin Lutter mit seinen 95 Thesen? Oder sind wir in einer Zeit der Suche und inneren Befragung, des Nachdenkens, der Selbstkritik?“ Der Buß- und Bettag sei ein Tag des Innehaltens und müsse nicht uminterpretiert werden, betonte Calderone.

Die CDU-Abgeordneten Bley und Eilers aus dem katholisch geprägten Südoldenburg, die an Calderone Seite waren, verwiesen gegenüber dieser Zeitung hierauf: In der Anhörung von Verbänden und Kirchen zum Gesetzentwurf der Landesregierung hatte nur etwa ein Drittel für den Reformationstag ausgesprochen. Ein Feiertag müsste die Gesellschaft einen und nicht spalten, sagte Bley mit Blick darauf, dass die katholische Kirche und die jüdischen Gemeinden sich gegen den Reformationstag ausgesprochen und für den Buß- und Bettag plädiert hatten, der als evangelischer Feiertag gilt.

Bley erinnerte auch daran, dass die CDU 2014 einen Antrag formuliert hatte, der vorsah, dass der Reformationstag nur im Jahr 2017 einmalig als arbeitsfreier Feiertag begangen werden sollte – anlässlich des 500. Jahrestages von Luthers Thesenanschlag. In dem CDU-Papier soll auch die Wiedereinführung des Buß- und Bettag ist als gesetzlicher Feiertag gefordert worden, der 1994 im Bund diesen Status verloren hatte, um die Finanzierung der Pflegeversicherung ab zu sichern.

Der Vechtaer CDU-Abgeordnete Dr. Stephan Siemer stimmte gestern für den Reformationstag. Er begründete das gegenüber dieser Zeitung damit, dass das Oldenburger Land und der Landkreis Vechta sich durch die Ökumene auszeichnen. Die Annäherung der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland habe in der Region begonnen und sei hier „weiter ein wichtiges Thema“. Außerdem: Bereits 1816 hätten sich katholische und evangelische Christen beim Oldenburgischen Großherzog dafür eingesetzt, dass die Klosterkirche in Vechta nicht abgerissen wird. In Goldenstedt habe es, wie in Vechta, ein Simultanem gegeben, das Recht der freien Konfessionsausübung für katholische und evangelische Christen. Er sei der Ökumene verpflichtet und habe deshalb als Katholik für den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag stimmen können, sagte Siemer. Das „C“ im Parteikürzel CDU stehe für das Christliche. In der heutigen Zeit sei es schwierig, christliche Feiertage durchzusetzen. Ihm sei es wichtig, dass dies gelungen sei.

Das Katholische Büro, dass alle in Niedersachsen gelegenen katholischen Bistümer vertritt (und das Vechtaer Offizialatt), hob noch einmal hervor, sich für den Buß- und Bettag als neuen gesetzlichen Feiertag eingesetzt zu haben. Der Leiter des Katholischen Büros, Prälat Professor Dr. Felix Bernard, dankte den Abgeordneten, die diese Position vertreten hatten. Es liege jetzt bei der evangelischen Kirche, den neuen gesetzlichen Feiertag inhaltlich zu gestalten. Werde dabei ein Mitwirken der katholischen Kirche gewünscht, „sind wir in ökumenischer Verbundenheit gesprächsbereit“.