Hannover I Göttinger Tageblatt vom 19. Juni 2018

Noch in diesem Jahr soll Niedersachsen einen zusätzlichen Feiertag erhalten: den Reformationstag am 31. Oktober. Über ein entsprechendes Gesetz hat der Landtag am Dienstag abgestimmt. Trotz vielfacher Kritik an dem Vorhaben hat das Vorhaben die nötige einfache Mehrheit erreicht: 100 Abgeordnete von SPD, CDU und AfD stimmten für den Antrag, 20 dagegen, 17 enthielten sich.

Zuvor hatte es noch eine kurze, lebhafte Debatte gegeben, in der alle Argumente für und gegen den Reformationstag genannt wurden. Der SPD-Abgeordnete Ulrich Watermann betonte, dass man fernab der Debatten um den Sinn des Reformationstages vor allem einen familienfreundlichen Tag haben wollte. Deshalb habe es eine Festlegung der norddeutschen Regierungschefs auf den Reformationstag gegeben. Er sei selbst katholisch, könne aber auch gut mit dem Reformationstag leben, sagte Watermann –und sprach damit für die Fraktionsspitze. Die SPD-Abgeordnete Dörte Liebetruth präsentierte eine Alternative. Sie plädierte dafür, einen „Feiertag für alle“ zu nehmen, dies wäre etwa der 23.Mai , der Tag des Grundgesetzes. Mehr Beifall für seinen von der Regierung abweichenden Vorschlag bekam der SPD-Abgeordnete Alptekin Kirci, der für den 8. März, den Weltfrauentag warb. Kirci berichtete, dass er dafür in einer Postille des Haus-und-Grundeigentümervereins als „türkischstämmig“ gerügt wurde: „Das ist rassistisch.“

Etwas giftig wurde die Debatte, als Grünen-Fraktionschefin Anja Piel dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil vorwarf, seinen Vorschlag „mit der Brechstange“ durchgesetzt zu haben. Für seinen schlechten Politikstil hätte Weil die „goldene Himbeere“ bekommen müssen. „Hier bekommen Sie die ’goldene Brechstange’“, sagte Piel und drappierte ein solches Stück auf die Regierungsbank. Damit rief Piel den Unmut vieler Landtagsmitglieder auf sich.. „Das ist eine Unverschämtheit, auch angesichts der freien Abstimmung“, sagte der Abgeordnete Watermann. Der CDU-Abgeordnete Christian Calderone warb für den Buß-und-Bettag, der auch von der katholischen Kirche akzeptiert werde, der CDU-Abgeordnete Jens Nacke noch einmal ausführlich für den Reformationstag, der sich nicht auf einen „Luther-Tag“ reduzieren lasse.
Nacke argumentierte, man solle auch keine niedersächsische „Insellösung“ verfolgen, zu der viele Alternativvorschläge führten. FDP-Chef Stefan Birkner stellte grundsätzlich infrage, ob es weise sei angesichts der wachsenden Säkularisierung überhaupt noch einen kirchlichen Feiertag zum staatlich geschützten Feiertag zu erheben. Zum Abschluss redete Ministerpräsident Weil. Er sagte, er verstehe den Vorwurf nicht, dass er sich im Wahlkampf für den Reformationstag als Feiertag ausgesprochen habe. Dass er heute etwas verwirkliche, was er ankündige – daraus könne man ihm doch keinen Vorwurf machen. Im übrigen sei der Vorschlag auf Bürgerversammlungen und Leserbriefseiten intensiv diskutiert worden. „Das war doch das Gegenteil von Hinterzimmerpolitik.“ Im übrigen gebe es einen großen Konsens darüber, dass Niedersachsen einen weiteren Feiertag brauche. „Ich bin der festen Überzeugung, dass uns der zusätzliche Feiertag viel Anerkennung im ganzen Land verschaffen wird.“

Dann kam es zur Abstimmung. Erst fiel der Weltfrauentag durch, nur 14 von 137 Stimmen. Dann der Europatag (9. Mai) mit 13-Ja und 122 Nein- Stimmen. Auch der Buß-und-Bettag wird abgelehnt, ebenso wie der Tag des Grundgesetzes.