Quakenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 07.06.2016

Der Antrag der Grünen, zur Erschließung des künftigen Wohngebiets „Hartlage“, den Bau einer Entlastungsstraße – „Nordring“ genannt – weiter zu prüfen, ist vom Tisch. Das hat eine Mehrheit im Stadtrat beschlossen. Zuvor hatte die Verwaltung erste Ergebnisse präsentiert. Eine solche Straße würde drei Millionen Euro kosten.

Mit seinen beiden Vorschlägen für eine Erschließungs- und Entlastungsstraße im nördlichen Stadtgebiet hatte Grünen-Ratsherr Andreas Henemann für reichlich Diskussionsstoff gesorgt – in Teilen der Bevölkerung und des Stadtrates. Variante I verbindet die Bremer Straße im Westen mit der Bundesstraße 68, Variante II beginnt an der Bremer Straße, folgt einem Teil des Hartlager Weges bis zur Schulstraße. Sein Argument für die Prüfung: In den vergangenen Jahren seien in den Stadtteilen Hengelage und Hakenkamp etliche Baugebiete entstanden, die für eine Zunahme des Verkehrs auf der Bremer Straße und der Schulstraße gesorgt hätten – zulasten der Wohnqualität der Anwohner. Und das geschehe nun wieder im Baugebiet „Hartlage“, hier werde der Verkehr „labyrinthartig“ durch die Straßen An der Mühle und Tulpenstraße zur Schulstraße geführt – wieder zulasten der Anwohner. Diese lehnen den vorgesehenen Bau einer Kfz-Brücke über die Große Mühlenhase ab. Mit seinen Vorschlägen und Ideen habe er eine „Diskussion entfachen wollen“: Darüber, „dass wir nicht Baugebiet um Baugebiet schaffen können ohne eine ganzheitliche Betrachtung der Erschließungs- und Hauptverkehrsstraßen“. Ziel müsse sein, den durch das Baugebiet „Hartlage“ entstehenden Verkehr gleichmäßig zu verteilen.

Zur Diskussion stand im Stadtrat, der am Montagabend wegen des zu erwartenden Besucherinteresses ins Forum der Oberschule Artland ausgewichen war, nur noch die Variante II. Variante I hatte der Verwaltungsausschuss (VA) bereits abgelehnt. Diesen Vorschlag hatte die Verwaltung in der Kürze der Zeit unter städtebaulichen, verkehrstechnischen und finanziellen Aspekten geprüft, berichtete stellvertretender Stadtdirektor Frank Wuller.

Die sechs Meter breite und etwa 970 Meter lange Straße würde rund drei Millionen Euro kosten. Eingerechnet seien die Kosten für Straße und Radweg, für den Bau einer Brücke im Überschwemmungsgebiet, für Grunderwerb und Ausgleichsmaßnahmen sowie Planungskosten. Etwa 800 Fahrzeuge würden die Straße pro Tag nutzen, ermittelte laut Wuller ein Fachbüro für Verkehrsplanung. Für den überörtlichen Verkehr sei die Straße kaum von Bedeutung. „Das ist ein hoher Preis für wenige Autos“, sagte der Fachbereichsleiter Planen und Bauen. Kosten und Nutzen stünden in keiner wirtschaftlichen Relation, ergab eine erste Prüfung.

Für SPD-Fraktionschef Thomas Fisse war die Sache danach klar. Eine Entlastungsstraße sei ein „massiver Eingriff in Umwelt und Natur“, bürde dem Steuerzahler einen Millionenbetrag auf und habe keinen Nutzen. Eine weitere Prüfung sei unnötig. Sein Antrag: Beide Varianten sollten nicht weiter geprüft werden. Auch Galina Krieger (FDP) sah „mehr Nachteile als Vorteile“.

CDU-Sprecher Christian Calderone erinnerte daran, dass auch seine Fraktion beide Varianten skeptisch betrachtet, sich allerdings gegen „Denkverbote“ ausgesprochen habe. Er dankte der Verwaltung für „die Prüfung in der Kürze der Zeit“. Nun gebe es ein erstes Ergebnis, das in den Fraktionen weiter zu beraten sei. „Wir sehen uns heute nicht in der Lage, darüber abzustimmen“, kündigte er an. Für eine Vertagung sprach sich auch Andreas Maurer (Die Linke) aus, „obwohl uns diese Straße für das geplante Baugebiet keine Hilfe ist“. Planung und Bau, so hatte er auf Nachfrage bei Behörden erfahren, dauerten gut und gerne zehn Jahre. Allerdings könne die Entlastungsstraße hilfreich sein, um die Verkehrsströme der Zukunft zu lenken.

Die von der Verwaltung ermittelten Kosten seien „sehr großzügig kalkuliert“, entgegnete Andreas Henemann. „Das kennt man aus dem Baugeschäft.“ Er warb nochmals für eine genauere Prüfung der Variante II angesichts eines „unbefriedigenden Erschließungskonzeptes für das Baugebiet“. Thomas Fisse lehnte das ab. „Der Prüfauftrag ist erfüllt, es liegt ein aussagekräftiges Ergebnis vor: Diese drei Millionen Euro hat die Stadt nicht.“ Mit ihrem Antrag, die Abstimmung über den Prüfauftrag zu vertagen, „zeigt sich die CDU nicht sehr entscheidungsfreudig“, kritisierte er. Über die Haltung der SPD wunderte sich dagegen Andreas Henemann: „Sie ist nicht diskussionsbereit, das ist völlig unverständlich.“

Der Antrag der CDU, die Ergebnisse der ersten Prüfung erneut in den Fraktionen zu beraten, wurden bei Stimmengleichheit abgelehnt. Die SPD – mit Unterstützung der FDP – setzte sich schließlich mit ihrem Antrag durch, die Prüfung beider „Nordring“-Varianten endgültig abzulehnen. Andreas Henemann stimmte als einziger dagegen, CDU und Linke enthielten sich der Stimme.

Auch die von der FDP ins Spiel gebrachte Straße am Ostufer der Großen Mühlenhase, die die „Hartlage“ an den Verkehr anbinden könnte und die eine Brücke überflüssig machen würde, lehnte der Stadtrat mit großer Mehrheit (SPD, CDU, Grüne) ab. Die Linke enthielt sich.