Hannover I Mindener Tageblatt vom 19. Juni 2018

Irgendwann in der einstündigen Landtagsdebatte über einen zusätzlichen Feiertag bringt es der CDU-Abgeordnete Christian Calderone auf den Punkt: „Ein Feiertag ist ein Tag zum Feiern.“ Die meisten Bürger in Niedersachsen dürften das ähnlich sehen. Und sie werden sich freuen, dass sie nun einen weiteren Tag arbeitsfrei bekommen: den Reformationstag am 31. Oktober. So hat es der Landtag am Dienstag beschlossen – und ist damit dem Beispiel von Schleswig-Holstein und Hamburg gefolgt.

Niedersachsen, das bislang mit Bremen bundesweit zu den Schlusslichtern bei den Feiertagen gehörte, hat damit künftig zehn gesetzliche Feiertage im Jahr. Am meisten Feiertage hat Bayern mit 13 Tagen, Baden-Württemberg hat 12.

Doch anders als bei den norddeutschen Nachbarn war die Entscheidung in Hannover eine ziemlich schwere Geburt. In der abschließenden, teilweise emotional geführten Landtagsdebatte wurde das noch einmal deutlich. „Da haben Sie nun Ihren Reformationstag. Den Feiertag, den Sie immer haben wollten. Der aber nicht allen soviel Freude macht wie Ihnen“, hielt die grüne Fraktionschefin Anja Piel der rot-schwarzen Landesregierung vor. Sie kritisierte, Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) habe sein Versprechen aus dem Landtagswahlkampf brachial durchgesetzt – und überreichte ihm eine „goldene Brechstange“.

Weil wies die Vorwürfe zurück. Er habe stets seine Meinung gesagt, es habe keine Hinterzimmer-Entscheidung gegeben, und er wisse auch nicht, was an seinem Wahlkampfversprechen schlecht sein solle. „Der Reformationstag ist derjenige, der am breitesten in der Gesellschaft verankert ist.“ Weil verwies darauf, dass es für keinen der diversen Alternativ-Vorschläge eine eindeutige Mehrheit gegeben habe.

An dem Vorhaben der Landesregierung, das diese mit dem Selbstbewusstsein einer Großen Koalition recht zügig angegangen war, hatte es Kritik von diversen Seiten gegeben. Vertreter der jüdischen Gemeinden hatten auf antisemitische Schriften Martin Luthers verwiesen. Die katholische Kirche verbindet das Datum der Reformation mit der Kirchenspaltung und plädierte – ähnlich wie die jüdischen Gemeinden – für den Buß- und Bettag.

„Ich bin auch katholisch, aber ich bin stolz darauf, dass es die Reformation gegeben hat, weil sie auch meine Kirche geprägt hat“, hielt der SPD-Abgeordnete Ulrich Watermann dagegen. Bei anderen machte sich eine gewisse Debattenmüdigkeit bemerkbar. „Alle Argumente sind ausgetauscht, deswegen können wir abstimmen“, drängte der CDU-Abgeordnete Jens Nacke. Bei seinem Kollegen Klaus Wichmann klang es wie ein Seufzer der Erleichterung: „Das Beste an der Debatte heute ist, dass wir die Sache endlich abschließen.“

Bevor über den Vorschlag der Landesregierung abgestimmt wurde, waren erst die Alternativ-Vorschläge dran. Doch es fand sich keine Mehrheit für die Idee der Grünen, den Frauentag (8. März) und den Europatag (9.Mai) zum Feiertag zu machen. Abgeschmettert wurde auch der Antrag einer Gruppe aus CDU- und SPD-Abgeordneten, lieber den Buß- und Bettag zu nehmen. Wenig besser ging es einer Parlamentarier-Formation von SPD und Grünen, die den Tag des Grundgesetzes (23. Mai) zum Feiertag machen wollten. Blieb am Ende noch der Reformationstag: 100 Abgeordnete stimmten dafür, 20 dagegen, 17 enthielten sich – darunter alle 12 Grünen.

Als „historische Entscheidung“ bezeichnete der evangelische Landesbischof Ralf Meister das Votum in einem Statement. „Mit dem Reformationstag bekommt Niedersachsen einen Feiertag, der in seiner Gestaltung herausfordernd ist und große Chancen bietet, aber auch unbequem sein kann.“ Beim Reformationsjubiläum im vergangenen Jahr sei es gelungen, den 31. Oktober religionsübergreifend, ökumenisch und weltoffen zu begehen.

Das Büro der katholischen Kirche Niedersachsens kündigte an, die Katholiken wollten nun nicht zu „Protestanten gegen den Reformationstag werden. „Es liegt bei der evangelischen Kirche, diesen neuen gesetzlichen Feiertag inhaltlich zu gestalten. Wenn dabei ein Mitwirken der katholischen Kirche gewünscht wird, sind wir in ökumenischer Verbundenheit gesprächsbereit“, hieß es in einer Erklärung.