Bad Iburg I Neue Osnabrücker Zeitung vom 14. März 2017

In den kommenden fünf Jahren könnte sich die Zahl der Kurorte nahezu halbieren. Auch die Kurorte der Region sind von dieser Entwicklung betroffen. Das niedersächsische Gesundheitsministerium prüft nun eine Vereinfachung der Ausbildung zum Badearzt.

„Der in Niedersachsen in vielen Orten anzutreffende Ärztemangel trifft die Kurorte in besonderem Maße, weil Hausärzte, die als Kurarzt tätig sein wollen, eine Zusatzqualifikation erwerben müssen“, heißt es in einer Anfrage der CDU-Landtagsabgeordneten Martin Bäumer, Christian Calderone und Burkhard Jasper, die im Dezember 2016 beim Niedersächsischen Gesundheitsministerium eingereicht wurde. Die Abgeordneten aus Stadt und Landkreis Osnabrück fordern in ihrer Anfrage eine Prüfung der aktuellen Weiterbildung, die von Hausärzten abgelegt werden muss, um als Kurarzt zugelassen zu werden.

Für den Erwerb der Zusatzbezeichnung „Physikalische Therapie und Balneologie“ muss in Niedersachsen zurzeit ein 240-Stunden-Kurs absolviert werden. In anderen Bundesländern wird zudem eine zwölfmonatige hauptberufliche Weiterbildung von den Hausärzten erwartet. Der Verband Deutscher Badeärzte fordert deshalb eine Reduzierung der Kurs-Weiterbildung auf 120-Stunden, die mit dem Zusatz „Balneologie und Medizinische Klimatologie“ abgeschlossen werden kann. „Wir wollen die Ausbildungszeit um die Hälfte verkürzen, bei gleichbleibender Qualität für die Kurorte“, erklärte Arno Wenemoser vom Verband Deutscher Badeärzte. Er befürchtet, ein Aussterben der Kurorte von derzeit 355 auf 200 bundesweite Standorte in den kommenden fünf Jahren.

Parallel zur Anpassung der Badearzt-Ausbildung wird geprüft, ob Badeärzte kurortübergreifend tätig werden können, um Patienten zu behandeln. Erstrebenswert sei zudem eine finanzielle Unterstützung der Ausbildungskurse, um zum Beispiel für die Zeit der Kursteilnahme eine Praxisvertretung organisieren zu können, wie die Ärztekammer Niedersachsen erklärte. Sollte ein Kurort für die ambulante Behandlung von Gästen keinen örtlichen Kurarzt vorweisen können, droht schlimmstenfalls die Aberkennung der Prädikatisierung als Kurort.

„Es ist wichtig, dass wir dieses Problem – gemäß dem demografischen Wandel – landesweit präventiv behandeln, damit unsere Kurorte diese Art der Patientenversorgung behalten können“, erklärte Kathrin Wahlmann, SPD-Abgeordnete, die unter anderem die Kurorte Bad Iburg, Bad Laer und Bad Rothenfelde im Landtag vertritt. Im Zuge der anstehenden Novellierung der Weiterbildungsmöglichkeiten prüft die Bundesärztekammer zurzeit, ob eine Reduzierung der Kurs-Weiterbildung auf 120 Stunden vorgenommen werden kann. Mit einer Entscheidung ist nach aktuellem Stand erst im Mai 2018 zu rechnen.

Bei Vinzenz Nowak, Badearzt in Bad Iburg, sorgt der Vorstoß der Landtagsabgeordneten für Unverständnis. Er befürchtet, dass eine Reduzierung des Ausbildungsprogrammes, die qualitative Versorgung der Patienten gefährden könnte. „Die Ausbildung zum Kurarzt war bis jetzt relativ umfangreich. Dennoch sehe ich den Vorschlag sehr kritisch“, sagt Nowak, einer von vier zugelassenen Badeärzten in Bad Iburg. „Man müsste die Krankenkassen motivieren, Kuren großzügiger zu gewährleisten. Wenn die Ausbildung noch dünner wird, wird man mit einer geringeren Qualität des Leistungsangebotes rechnen müssen“, so der Badearzt.