Hildesheim I „Kehrwieder am Sonntag“ vom 15. Dezember 2020
In Niedersachsen fehlen der Justiz 586 Stellen. „Unzureichend“ nennt Britta Knüllig-Dingeldey, die Präsidentin des Landgerichts Hildesheim, die Situation „zur Zeit“. Die Hildesheimer würden vor allem von den Zivilprozessen gegen den Autobauer VW infolge des Abgasskandals belastet. Kräfte im Umfang von ungefähr einer Zivilkammer wären zusätzlich nötig.
Die Justiz er hält etwa 3 {1971541b548eeaf8cd8c8574fdbabe456ce7f7e0dbd53f0a926049f88a95099a} des Landeshaushaltes. Allein 80 {1971541b548eeaf8cd8c8574fdbabe456ce7f7e0dbd53f0a926049f88a95099a} davon sind für Personalkosten nötig. Das Werben für mehr Mittel sei schwierig, weil die Justiz für die Menschen weniger sichtbar sein, als beispielsweise die Polizei, erklärte Christian Calderone. Der Landtagsabgeordnete aus Bersenbrück ist Sprecher für Rechts- und Verfassungsfragen der CDU-Fraktion in Hannover.
Mit dem Arbeitskreis für Recht und Verfassung besucht er an diesem Tag das Landgericht Hildesheim. Die Justiz vor Ort bewegt, wo der Schuh der dritten Gewalt landesweit drückt. Gestiegener Bedarf bei stagnierender Personaldecke vom Wachmann bis zum Richter. Das Landgericht Hildesheim ist zuständig für acht Amtsgerichte. Dieses dezentraler Angebot soll erhalten bleiben. Die Menschen sollen auch im ländlichen Bereich die Möglichkeit haben, Nachlässe oder Grundbucheinträge zu regeln. Gerade die Amtsgerichte in Lehrte und Hildesheim halten die Richter am Landgericht jedoch auf Trab.
Denn dort liegen zwei große Psychiatrien. Wenn dort ein Patient fixiert werden soll, muss laut Bundesverfassungsgericht „unverzüglich“ ein Richter in die Klinik und darüber entscheiden. „Die Kolleginnen und Kollegen sind deswegen unter der Woche von 6 bis 21 Uhr sowie am Wochenende im Einsatz.“
Die Justiz in Niedersachen funktioniert. Es gibt keine Skandale. „Deswegen nimmt die Öffentlichkeit davon wenig Notiz“, meint CDUler Calderone. Trotzdem sind die Gerichte auf Unterstützung angewiesen. „Wenn die Stellen da wären, könnten wie diese langfristig besetzen“, versichert Knüllig-Dingeldey.
600 Mitarbeitende sind ist 2010 in der niedersächsischen Justiz dazugekommen. Im Landeshaushalt sind acht zusätzliche Richter eingestellt, über die politische Liste kommen noch neun Staatsanwälte dazu. Der Arbeitsmarkt liegt Absolventen quasi zu Füßen. Allerdings sind die Absolventenzahlen beim zweiten Staatsexamen rückläufig. Außerdem muss der öffentliche Dienst mit der Privatwirtschaft konkurrieren. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen steht höhere Bezahlung entgegen.
„Die Justiz funktioniert auch hier in Hildesheim, deswegen taucht sie nicht auf“, meint Calderone. Um mehr Landesmittel einwirken zu können, müsste der Bevölkerung klargemacht werden, dass Justiz nicht erst beim aufstehenerregenden Strafprozess mit Mord und Totschlag beginne, sondern eben schon beim Grundbucheintrag – also im Alltag. Dieses Angebot müsste auch flächendeckend erhalten bleiben, betont die Hildesheimer CDU-Landtagsabgeordnete Laura Hopmann. Das Justizzentrum Hildesheim leiste dazu, trotz aller Umstände, seinen Beitrag.