Bersenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 07.03.2015

Inklusive Schule: ja. Aber bitte nicht mit der Brechstange. So lautet eine der zentralen Forderungen, die die Teilnehmer einer Diskussionsrunde zur Zukunft der Förderschulen, die jetzt im Nordkreis stattgefunden hat, an die Landesregierung stellen. Mehr als 200 Eltern, Schüler, Pädagogen, Fachleute und Politiker aus der Region waren ins Hotel Hilker nach Bersenbrück gekommen, um sich über mögliche Schwellen und Stolperfallen auf dem im Entwurf zum niedersächsischen Schulgesetz vorgezeichneten Weg in die Inklusion auszutauschen.

uf der Suche nach dem passenden Weg in die Inklusion (von links): Moderator Johannes Buß, Renate Geuter (SPD), Ursula Thöle-Ehlhardt (Die Grünen), Renate Hülsmann (Schulelternrat), Professor Clemens Hillenbrand (Uni Oldenburg), Ursula Krieger (Pädagogin), Simone Ackmann-Hömer (Mutter) und Christian Calderone (CDU). Foto: Ulrike Havermeyer

uf der Suche nach dem passenden Weg in die Inklusion (von links): Moderator Johannes Buß, Renate Geuter (SPD), Ursula Thöle-Ehlhardt (Die Grünen), Renate Hülsmann (Schulelternrat), Professor Clemens Hillenbrand (Uni Oldenburg), Ursula Krieger (Pädagogin), Simone Ackmann-Hömer (Mutter) und Christian Calderone (CDU). Foto: Ulrike Havermeyer

Brauchen Kinder mit Beeinträchtigungen einen besonderen Schonraum, um ihren Bedürfnissen gemäß erfolgreich und gut lernen zu können? Und falls ja: Wo kann dieser Schonraum aufgespannt werden? Viele Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen, die sich an der Diskussion beteiligten, äußerten die Sorge, dass die derzeit praktizierte Form eines inklusiven Unterrichts an den Regelschulen ihre Kinder überfordern könnte.
Der Hintergrund: Basierend auf der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, hat das Land Niedersachsen 2012 das Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule beschlossen. Ziel ist es, künftig alle Schüler, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, ausschließlich an den allgemeinbildenden Schulen zu unterrichten.

„Inklusion bedeutet, gut zu lernen auf allen Ebenen“, betonte Professor Clemens Hillenbrand vom Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg. Den seiner Ansicht nach viel zu eng gefassten Begriff „Schonraum“ mag er gar nicht – und auch, dass die Forderung nach Inklusion eingeschränkt an die Institution „Schule“ delegiert wird, wurmt den Wissenschaftler. „Inklusion ist ein Auftrag an die gesamte Gesellschaft – vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung und in die Erwachsenenbildung hinein“, erklärte er. „Inklusion ist ein Prozess, der fundamentale Änderungen in unserem Denken und Handeln erfordert.“

Um das passende Bildungssystem zu entwickeln, das die Herausforderung der Inklusion auch tatsächlich bewältigen kann, braucht es neben der von den Praktikern geforderten Zeit und dem kritischen Hinterfragen der Strukturen auch den Austausch aller Beteiligten: Denn unabhängig von der Frage, ob Förder- oder Regelschule, ob regionale Übergangssysteme oder Auslaufmodelle: Im Zentrum der Bemühungen, da jedenfalls waren sich alle Akteure einig, sollten die Menschen und ihre Bedürfnisse stehen.
„Als Mutter eines behinderten Kindes habe ich früh gelernt, um den richtigen Weg für meinen Sohn zu kämpfen“, brach Simone Ackmann-Hömer eine Lanze für den Fortbestand von sonderpädagogischen Einrichtungen wie der Hasetalschule und forderte von den anwesenden Landtagspolitikern, das Recht über die Wahl der Schulform bei den Eltern zu belassen. Auch die Sonderpädagogen, die den integrativen Unterricht an den Regelschulen begleiten, bestätigten, dass sich viele ihrer Schüler „permanent am Limit“ bewegten, um den Anschluss nicht zu verlieren.

Der Elternrat der Hasetalschule hat eine Resolution zum Erhalt der Förderschulen formuliert, die demnächst der Landesregierung in Hannover übergeben werden soll. Sämtliche sieben Förderschulen des Landkreises Osnabrück haben das Papier bereits unterzeichnet, berichtete Renate Hülsmann vom Schulelternrat.