Hannover I Neue Osnabrücker Zeitung vom 18. Juni 2018

Niedersachsen bekommt nach monatelanger Debatte voraussichtlich am Dienstagnachmittag einen neuen Feiertag: Der Landtag will den 31. Oktober beschließen. Doch der Widerstand hält an.

Die Einführung eines neuen Feiertags in Niedersachsen stößt bis zuletzt auf heftige Kritik der Arbeitgeber. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), forderte gegenüber unserer Redaktion ein Eingreifen der Bundesregierung und eine Anhebung des Pflegebeitrags für die Beschäftigten.

Am Dienstag, stimmt der Landtag in Hannover darüber ab, ob der Reformationstag (31. Oktober) arbeitsfrei wird. Auch Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen haben sich für diesen Tag entschieden.

Eine Mehrheit gilt als sicher, auch wenn der Fraktionszwang offiziell aufgehoben ist. Die Parteivorsitzenden der Großen Koalition, Stephan Weil (SPD) und Bernd Althusmann (CDU) hatten sich für den Reformationstag als „ norddeutsche Lösung “ stark gemacht. Zu viele Gegenstimmen oder gar ein Scheitern wären nicht gut für das Außenbild der beiden Parteichefs. Gerüchte, Abweichler in der SPD-Fraktion seien unter Druck gesetzt worden, hatte die Fraktion dementiert.

Arbeitgebervertreter Kampeter nannte es „erstaunlich, dass die norddeutschen Bundesländer versuchen, die Konsequenzen weiterhin unter den Teppich zu kehren“. Das sei den Bürgern gegenüber unfair. Er betonte: „Wenn der Reformationstag als fester Feiertag eingeführt wird, hat der Pflegebeitrag für die Beschäftigten laut Gesetz zu steigen.“ Auch in Sachsen habe ein zusätzlicher Feiertag zur Konsequenz gehabt, dass die Arbeitnehmer einen höheren Pflegebeitrag akzeptiert hätten.

Die Arbeitgeberverbände erwarten laut Kampeter nun, „dass sich die Bundesregierung für eine Lösung einsetzt, die nicht den Unternehmen neue Kosten aufbürdet“. Alles andere wäre nach den Worten Kampeters Wortbruch. „Schließlich ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Ausnahme für den Reformationstag als Feiertag ohne Beitragssatzanstieg nur einmalig für das Jahr 2017 galt, aber nicht dauerhaft.“

Neben den Arbeitgebern lehnt auch die FDP einen zusätzlichen Feiertag ab. Die Grünen schlagen statt des 31.Oktobers gleich zwei Tage vor: den 8. März (Frauentag) sowie den Europatag (9. Mai). Eine weitere Gruppe um die CDU-Abgeordneten Christian Calderone und Bernd Busemann hat sich für den Buß- und Bettag ausgesprochen. Über diese (Stand Montagnachmittag) drei Alternativvorschlagen soll zwar am Dienstag im Landtag abgestimmt werden, eine Mehrheit gegen den Reformationstag ist aber nicht in Sicht.

Die Opposition wirft Regierungschef Stephan Weil (SPD) vor, Bedenkenträger zu übergehen. „Diese Regierung macht Politik mit der Brechstange“, kritisierte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel. Wegen der Kirchenspaltung infolge der Reformation und antisemitische Hetzschriften des gefeierten Martin Luther haben sich insbesondere die katholische Kirche und die jüdischen Gemeinden klar gegen den 31. Oktober ausgesprochen.

Die evangelische Kirche scheint trotzdem zuversichtlich zu sein, dass die Abgeordneten den protestantischen Hochtag wählen: Im Anschluss an die Landtagssitzung am Dienstag lädt die Konföderation Evangelischer Kirchen in Niedersachsen alle Abgeordneten zum Parlamentarischen Abend ins Alte Rathaus nach Hannover. Auf dem Weg vom Landtag dorthin kommen die Parlamentarier übrigens an der Luther-Statue vor der Marktkirche vorbei.