Hannover I Braunschweiger Zeitung vom 20. Juni 2018
Als alles vorbei war und der Reformationstag Feiertag, da blieb Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) betont ruhig auf seiner Regierungsbank sitzen. Die „Goldene Brechstange“, die ihm die Grünen Anja Piel und Christian Meyer während der Debatte überreicht hatten, hatte Weil schnell in niederen Gefilden verschwinden lassen.
Besonders geschmerzt dürfte Weil die Grüne Bastel-Aktion nicht haben. Mit satter Mehrheit hatte der Regierungschef genau den Feiertag durchgebracht, den er – wie viele andere – für sinnvoll hielt.
„Für heute liegen keine Entschuldigungen vor“, hatte für die Sitzungsleitung im Parlament der Grüne Belit Onay vermeldet. Bei der Entscheidung über einen neuen Feiertag wollten alle 137 Abgeordneten dabeisein. Den Frontalangriff auf Weil übernahmen in der Debatte Grüne und FDP. „Der neue Feiertag hätte eine große Chance sein können, die Menschen in Niedersachsen teilhaben zu lassen an einer politischen Entscheidung, die sie alle betrifft“, sagte die Grüne Piel. Stattdessen habe Weil im Hinterzimmer Entscheidungen getroffen. Das zielt auf Gespräche norddeutscher Regierungschefs, die sich für eine abgestimmte Lösung und den Reformationstag ausgesprochen hatten. Die Reformation sei zudem nicht Auftakt einer Freiheitsgeschichte, sondern in weiten Teilen Konfliktgeschichte, meinte Piel.
Piels FDP-Amtskollege Stefan Birkner warf Weil vor, mit dem Reformationstag schon im Wahlkampf 2017 auf Stimmenfang gegangen zu sein. „Stephan Weil nimmt die Spaltung der Gesellschaft in Kauf, um Wahlgeschenke einzulösen“, erklärte Birkner nach der Debatte noch einmal. Ein neuer Feiertag habe aber nur dann Berechtigung, wenn er sich aufgrund seiner Bedeutung selbst herausbilde. „Man könnte glatt meinen, Niedersachsens Seelenheil hänge von dieser Debatte ab“, spottete der AfD-Abgeordnete Klaus Wichmann. Dass das Land andere Probleme habe, hatten AfD-Politiker schon in früheren Debatten hervorgehoben.
Als mehr oder minder heimlicher Testfall für die Autorität des Regierungschefs und SPD-Landesvorsitzenden hatte das Thema Feiertag aber schon gegolten. Zwar war die Abstimmung unter Verzicht auf Fraktionszwang offiziell freigegeben. Doch angesichts mehrerer Gegenanträge zur Regierungslinie hatte zeitweise eine gewisse Nervosität doch um sich gegriffen. In der CDU hatte sich eine Gruppe formiert, die lieber den Buß- und Bettag gehabt hätte – auch mit Blick auf die Kritik der Katholischen Kirche am Reformationstag.
Der Anführer dieser Gruppe, Christian Calderone, hielt ein ruhiges Plädoyer für diesen „Tag des Innehaltens“.
Eine Gruppe aus SPD und Grünen hatte noch eilig einen Antrag zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai auf den Weg gebracht. Die Grünen wiederum ließen über ihre Gegenvorschläge Weltfrauentag und Europatag jeweils einzeln und namentlich abstimmen. Doch ein „Ja“ zum Weltfrauentag auch von Landtagspräsidentin Gabriele Andretta (SPD) und Hannovers SPD-Chef Alptekin Kirci blieb Fußnote. Zumal manche wie Kirci dann in der Schlussabstimmung doch Ja zum Reformationstag sagten.
Der Peiner CDU-Abgeordnete Christoph Plett gehörte zu jenen Befürwortern des Buß- und Bettags, die beim Nein blieben. Man habe ein Zeichen gesetzt, sagte Plett später zufrieden.