Bad Iburg I Neue Osnabrücker Zeitung vom 23.03.2014

Hans-Gert Pöttering hat die Entwicklung der Europäischen Union wesentlich mitgeprägt. Am Sonntag stellte er im Rittersaal des Bad Iburger Schlosses sein Buch „Wir sind zu unserem Glück vereint“ vor und stellte sich im europapolitischen Talk den Fragen von NOZ-Redakteur Christof Haverkamp.

Ludwig Fischer, Christof Haverkamp, Hans-Gert Pöttering, Christian Calderone, Reinhard von Schorlemer und Karolina Vöge.

Ludwig Fischer, Christof Haverkamp, Hans-Gert Pöttering, Christian Calderone, Reinhard von Schorlemer und Karolina Vöge.

Unter den 150 Gästen im Rittersaal befanden sich viele Weggefährten von Pöttering, Landtags- und Bundestagsabgeordnete und persönliche Freunde des einstigen Vorsitzenden des Europaparlaments. Die Begrüßung der Gäste übernahm Karolina Vöge, Leiterin des Hermann-Ehlers-Bildungsforums Weser-Ems der Konrad-Adenauer-Stiftung, deren Vorsitzender Pöttering ist. „Hans-Gert Pöttering war vor allem ein leidenschaftlicher Europapolitiker“, brachte sie das Wirken des gebürtigen Bersenbrückers auf den Punkt. Für seine Buchvorstellung hätte er keinen besseren Zeitpunkt wählen können als jetzt. Das mehr als 500 Seiten starke Werk ist im Böhlau-Verlag erschienen und seit dem 12. März im Handel erhältlich.

Grußworte sprachen Reinhard von Schorlemer und Christian Calderone, Pötterings Vorgänger und Nachfolger im Kreisvorsitz der CDU Osnabrück-Land. „Es waren Christdemokraten, die begonnen haben, das europäische Haus zu bauen“, machte Calderone auf die Bedeutung der CDU auf dem Weg zur Union aufmerksam. Er zeichnete die wichtigsten Meilensteine der Entstehung der EU nach. „Wir sind zu unserem Glück vereint“, dieser Satz findet sich als Schlusssatz in der Präambel der Berliner Erklärung, sagte der Kreisvorsitzende. Europa bleibe aber eine Herausforderung, denn es gebe weiterhin nationale Kräfte, die gegen ein vereintes Europa seien.

Von Schorlemer hatte zahlreiche Anekdoten präsent, die er in der gemeinsamen Zeit mit Pöttering erlebt hatte. Er berichtete auch von geschichtsträchtigen Ereignissen im Leben Pötterings, wie der ersten Direktwahl ins Europäische Parlament, seiner Zeit als Fraktionschef der Europäischen Volkspartei von 1999 bis 2007 und seiner Zeit als Parlamentspräsident bis 2009. Pötterings Mandat endet am 1. Juli 2014 nach 35 Jahren ununterbrochenen Wirkens im Europäischen Parlament. „Was das Verhältnis zu Russland angeht, wünsche ich mir, Hans-Gert Pöttering bleibe in Funktion“, sagte von Schorlemer und deutete damit die Verdienste an, die Pöttering sich vor allem um den Beitritt der osteuropäischen Länder erworben hat.

In dem Polittalk mit Christof Haverkamp, Leiter des Themenbereichs Politik/ Wirtschaft bei der Neuen Osnabrücker Zeitung, beantwortete Pöttering schließlich zahlreiche Fragen zum Inhalt seines Buches, berichtete von vielen besonderen Begegnungen unter anderem mit dem Papst und der Queen, sprach über Entscheidungsprozesse, schwierige Phasen und Sternstunden während seiner Zeit als Parlamentsmitglied, aber auch von seiner persönlichen Entwicklung. Seinen Vater Wilhelm Pöttering hat der 68-Jährige nie kennengelernt – er ist im Zweiten Weltkrieg sieben Monate vor der Geburt seines Sohnes gefallen. „Das hat meinen europäischen Weg natürlich entscheidend geprägt.“ Sein Besuch auf dem polnischen Soldatenfriedhof Stare Czarnowo im Mai 2011 wird in dem Buch gegen Ende beschrieben.

„Dass wir Frieden in Europa haben, ist ein großes Geschenk“, sagte Pöttering. Er lobte in diesem Zusammenhang das Verhalten der EU in der Krimkrise. Das Wunder seiner Generation sei, dass osteuropäische Staaten in der EU seien oder hineinwollten. „Die EU ist eine Wertegemeinschaft, gegründet auf der Würde des Menschen. Man schließt niemanden aus“, sagte er. Alle Staaten in der EU säßen in einem Boot, in dem es zugegeben komfortable Sitzplätze, aber auch Stehplätze gebe. Meinungsverschiedenheiten regele man heute aber mit dem Argument und nicht mehr mit der Waffe.

Pöttering hat für seine europapolitische Arbeit etliche Auszeichnungen erhalten und ist unzählige Male zum Ehrendoktor ernannt worden. Sein Lebenswerk ist beispiellos. Für interessierte Menschen, Historiker oder Jugendliche ist sein Buch eine europapolitische Fundgrube, weil es einen der spannendsten Zeiträume der europäischen Geschichte umfasst.