Quakenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 19. März 2019

Vier Stunden dauerte die Sitzung des Quakenbrücker Stadtrates am Montagabend. Ein Thema war das Bauvorhaben „Ginsterpark“, das seit Wochen kontrovers diskutiert wird. Nun gibt es eine erste Entscheidung.

Mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP hat der Rat das Verfahren für eine Änderung des Bebauungsplanes eingeleitet. Diese ist nötig, damit die Kreissparkasse Bersenbrück ihr Bauvorhaben „Ginsterpark“ verwirklichen kann. Anwohner und auch die Grünen-Fraktion lehnen die vorgelegten Pläne weiterhin ab.

Wegen des zu erwartenden großen Interesses war die Sitzung ins Feuerwehrhaus verlegt worden, etwa 80 Zuschauer waren gekommen. Zu Beginn erinnerte Bürgermeister Matthias Brüggemann (CDU) an die Widmung über dem Rathausportal „Saluti Civitatis Sacrum“ („Dem Wohle der Bürgerschaft geweiht“). Das sei die Aufgabe des Rates, „für das Wohl der Stadt und ihrer Bürger zu arbeiten, nicht aber für den Rat, den Bürgermeister oder einzelne Stadtteile“. Der Rat höre den Bürgern zu. Aber nicht alles, was er höre, könne auch umgesetzt werden. „Am Ende wägen wir ab, und dabei wird es Enttäuschungen geben“, sagte er.

Und die gab es gut eineinhalb Stunden später. Zuvor hatten sich die Fraktionen und Anwohner in Sachen „Ginsterpark“ erneut positioniert. Anlieger aus der Rosenstraße, Nelkenstraße und der Straße An der Eckwisch erklärten sich mit dem Bauvorhaben „nicht einverstanden“. Der Abstand von drei Metern zwischen ihren Grundstücken und den geplanten vier zweigeschossigen Gebäuden mit insgesamt 16 Wohnungen sei viel zu gering bemessen, beeinträchtige sie in ihrer Privatsphäre. Ein Sprecher stellte klar, dass „wir nicht gegen eine Bebauung sind“, die aber müsse im Einklang mit den Anwohnern erfolgen.

Sympathien hatte er für den Entwurf der Grünen, die auf der rund 5600 Quadratmeter großen Fläche ein zentrales Baufeld mit einer ringsum liegenden nicht überbaubaren Abstandsfläche von zwölf Metern forderten. Respektlos und niveaulos“ sei das Verhalten der SPD-Fraktion gewesen, kritisierte der Sprecher. Diese hatte den von Grünen-Fraktionschef Andreas Henemann im Bauaussschuss vorgelegten Kompromissvorschlag als „eigene Arbeit aus der Bastelstunde“ bezeichnet.

Maria Entrup-Henemann (Grüne) plädierte für einen Zwölf-Meter-Abstand und bedauerte, dass der Investor sich bisher nicht bewegt habe, die Grundstücksnachbarn sich aber inzwischen mit dem Geschosswohnungsbau abgefunden hätten. Der Rat müsse auch einmal eine unpopuläre Entscheidung gegen einen Investor treffen: „Das ist das kleinere Übel“, wichtiger sei, die Interessen der Anwohner zu vertreten.  

„Eine absolute Wahrheit gibt es nicht“, sagte Christian Calderone. Auch der CDU-Fraktionschef verteidigte den Vorstoß der Grünen, das sei ein Beitrag zur Diskussion gewesen. Die CDU habe kontrovers diskutiert und versucht, zwischen Investor und Anwohnern einen Interessenausgleich herzustellen. Es sei gelungen, einige Veränderungen am Vorhaben durchzusetzen, „die keine Kleinigkeiten sind“: Die Gebäude seien dichter zusammengerückt worden, der Wohnpark müsse begrünt werden, der Ginsterweg werde nach Abschluss der Bauarbeiten auf Kosten des Investors erneuert. Kritisch sehe die CDU den im Vorschlag der Grünen vorgesehenen zentralen Parkplatz für den Wohnpark. „Das funktioniert auch anderswo nicht.“ Calderone sicherte den Anwohnern zu, mit ihnen auch im Verlauf der Bebauungsplanänderung im Gespräch zu bleiben. Der Vorschlag des Investors sei in seiner Fraktion letztlich auf Zustimmung gestoßen: „Aus unserer Sicht überwiegen die positiven Argumente.“

Paul Gärtner (SPD) forderte, zur Sachlichkeit zurückzukehren. Alles im Bauausschuss bisher Diskutierte „ist nichts als heiße Luft gewesen“. Mit dem Ratsbeschluss werde das Verfahren gestartet, den Bebauungsplan zu ändern. Das sei die Voraussetzung, um in einem geordneten Ablauf über alle gestalterischen Fragen zu diskutieren. Gärtner warnte davor, dass sich „Fachausschüsse selbst zu einer Stammtischrunde degradieren“, wenn Beschlussvorlagen nicht von diesem, sondern regelmäßig im Verwaltungsausschuss erarbeitet würden. Nach Meinung der SPD halte sich „die Kreissparkasse Bersenbrück mit dem Vorhaben ganz exakt an die Vorgaben des geltenden Bebauungsplanes“ und schaffe die in der Stadt dringend benötigten Wohnungen.

Andreas Henemann widersprach. Wenn das Konzept der Kreissparkasse zur Grundlage der Bebauungsplanänderung gemacht werde, „ist das Ding festgeschrieben“. Er habe mit seinem Vorschlag bewirken wollen, über Alternativen nachzudenken. Kritik übte er am Investor, „der stur an seinem Plan festhält“ und keinerlei Kompromissbereitschaft zeige. Fraktionskollege Eckhard Schiffer forderte den Rat auf, „Investoren gegenüber häufiger den aufrechten Gang zu erproben“. Das Bauvorhaben am Ginsterweg bedeute einen „tiefgreifenden Eingriff in die Wohn- und Lebenswelt der Anlieger“, sagte er und zog einen drastischen Vergleich: „Ihre Lebenswelt wird plötzlich vergewaltigungsähnlich verändert.“ Schiffer wünschte sich, nicht nur städtebauliche, sondern auch sozialpsychologische Aspekte zu betrachten. Der Stadtrat müsse sich Zeit nehmen für eine „menschenwürdige, städtebaulich und wirtschaftlich akzeptable Lösung“. Jede andere Entscheidung sei eine „selbstverschuldete Unmündigkeit“. 

Bei der Abstimmung unterlagen Grüne und Linke (sechs Stimmen) mit dem Vorschlag, ein zentrales Baufeld mit Zwölf-Meter-Abstand vorzuschreiben. Die Ratsmehrheit (20 Stimmen) beschloss, das Änderungsverfahren zu starten und den Entwurf der Kreissparkasse zur Grundlage zu machen.