Bissendorf I Neue Osnabrücker Zeitung vom 06.07.2015

Tagesmütter und -väter können aufatmen: Der Wegfall der Sonderregelung für ihre Krankenversicherung ist vorerst vom Tisch. Am 11. Juni verabschiedete der Bundestag mit dem sogenannten Versorgungsstärkungsgesetz eine Verlängerung der bisher geltenden Regelung bis zum 31. Dezember 2018.

Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter mit frisch ausgebildeten und zertifizierten Tagesmüttern. Archivfoto: Bärbel Recker-Preuin

Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter mit frisch ausgebildeten und zertifizierten Tagesmüttern. Archivfoto: Bärbel Recker-Preuin

Im März war die Gemeinde zusammen mit Tagesmüttern aus Bissendorf, Melle und Ostercappeln an die Öffentlichkeit gegangen, um auf drohende drastische Einkommenseinbußen durch die damals geplante Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für das Gros der Tagespflegepersonen aufmerksam zu machen. Im April forderte auch der CDU-Kreisvorstand die Beibehaltung des Betreuer-Sonderstatus‘.

Denn, so die Befürchtung der Betroffenen, die ursprünglich ab 1. Januar vorgesehene Einstufung als hauptberuflich Selbstständige mit Unterstellung eines entsprechend hohen Mindesteinkommens hätte für alle jene, die nicht über den Ehepartner mitversichert sind, derart hohe Krankenkassenbeiträge bedeutet, dass sich die Betreuung einer Handvoll Kinder nicht mehr geloht hätte: „Wir arbeiten dann für nichts“, hatte Tagesmutter Birgit Kibelski es seinerzeit auf den Punkt gebracht.

Auch der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Christian Calderone war auf den Protestzug aufgesprungen und hatte sich in einer Pressemitteilung gegen die zusätzliche finanzielle Belastung der Betreuungskräfte gewandt: „Die Folge wäre eine Vervielfachung der Betreuungsgebühr oder aber die Weigerung, diesen Beruf überhaupt noch ausüben zu wollen“, hatte er „dringlichen Handlungsbedarf“ begründet. Zeil müsse es sein, dass keine Tagespflegeperson künftig mehr zahlen muss als im Moment, umriss er die Position des CDU-Kreisvorstandes.

Die jetzt beschlossene Neuregelung trägt dem Rechnung: „Es bleibt alles gleich“, versicherte Pressesprecherin Doris Berve-Schucht vom Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage. Zwar müsse das entsprechend modifizierte Versorgungsstärkungsgesetz am 10. Juli noch den Bundesrat passieren, aber das sei Formsache- Nur wenig später werde die zunächst auf drei Jahre befristete Verlängerung des Status quo in Kraft treten.

Nicht nur für diese, sondern auch für andere ähnlich betroffene Berufsgruppen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich wurde zudem im Fünften Sozialgesetzbuch die Selbstständigkeitsdefinition im Hinblick auf die gesetzliche Krankenversicherung präzisiert. Danach wird jetzt nur noch bei jenen Personen eine hauptberufliche Selbstständigkeit vermutet, „die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen“. Mit anderen Worten: Wer nicht gerade mit einem oder mehren Mitbetreuern eine Großtagespflegestelle betreibt, gilt weiterhin wie bisher als nebenberuflich selbstständig und zahlt nicht mehr als bisher.

„Wir sind sehr erfreut darüber“, erklärte dazu jetzt Bissendorfs Bürgermeister Guido Halfter. Der öffentliche Aufschrei habe sich also gelohnt, da er auch andere wach gerufen habe: „Das Ergebnis ist so, wie wir das erhofft haben.“ Von Christian Calderone war bisher noch keine Stellungnahme zur neuen Entwicklung zu bekommen.
Etwas weniger euphorisch als die Reaktion des Bürgermeisters fiel das Urteil der Bissendorfer Tagesmutter Simone Hartung aus: „Für uns als Tagesmütterverein ist das nicht weitgehend genug“, sagte sie und erklärte, dass die Regelung zunächst nur einen Aufschub bis 2018 bedeute. Dann stünden die nebenberuflich selbstständigen Tagesmütter und -väter möglicherweise wieder vor dem selben Problem: „Wir sind einhellig der Meinung, wir müssen etwas tun. Nicht alle sind zufrieden damit.“

Es gehe auch darum, den Štatus der Tagesmütter anzuheben, denn: „Der ist nach wie vor nicht anerkannt.“ Außerdem gebe es auch Tagespflegepersonen, die sich eine freiwillige Zusatzversicherung gewünscht hätten.
Am 14. Juli, so Simone Hartung weiter, wollen sich Bissendorfer und Meller Tagesmütter und -väter treffen, um die Vereinsgründung weiter vorzubereiten. „Wir wollen, dass es für alle dann besser wird“, beschrieb sie das Ziel.