Bersenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 07.11.2014

Immer noch finden nur wenige Menschen mit Behinderungen einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft. Die Quote lässt sich durchaus steigern, hieß es in der regionalen Wirtschaftskonferenz der Heilpädagogischen Hilfe (HpH) Bersenbrück am Freitag. Es braucht Geduld, einen langen Atem und Pragmatismus.

Über Inklusion am Arbeitsplatz diskutierten in Bersenbrück Unternehmer,  Politiker und Experten. Foto. Martin Schmitz

Über Inklusion am Arbeitsplatz diskutierten in Bersenbrück Unternehmer, Politiker und Experten. Foto. Martin Schmitz

Das gilt auch für die Landespolitik, sagt in Bersenbrück der Landtagsabgeordnete Christian Calderone : „Der Weg zur Inklusion ist ein Marathon, er darf keinesfalls als Dogma gesehen werden.“ „In der Werkstatt habe ich den Background“, beschrieb Mitarbeitersprecher Florian Schumacher die Tendenz, dass zwar immer mehr seiner Kollegen mit einem Job in der Wirtschaft liebäugeln, die Mehrheit aber im Zweifel den sicheren Rahmen vorzieht, den die gemeinnützige Werkstatt bietet.

Und auf der Wirtschaftsseite gibt es das Problem, dass viele Entscheider die Qualifikationen eines Werkstattmitarbeiters gar nicht erkennen können, berichtet Harald Schlieck von der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim. Um eine Brücke zu bauen, hat Schlieck das Berufsbild des „Handwerksgehilfen“ eingeführt. Der Ausbildungsgang kann den Fähigkeiten eines Behinderten angepasst werden. Das Zertifikat gibt Auskunft, mit welchen Werkstoffen, Maschinen und Verfahren er Erfahrung hat.

Die Heilpädagogische Hilfe selbst habe ihre Berufsausbildung aus der gemeinnützigen Werkstatt in das Bersenbrücker Berufsschulzentrum verlegt, berichtet ihr Geschäftsführer Guido Uhl. Über ihre Tochter Betec konnte sie bereits 30 Arbeitsplätze auslagern.

Und die Betec will noch mehr tun, berichten Hartmut Baar und Natalie Hettwer: Sie plant eine Jobbörse im kommenden Jahr, in der Arbeitgeber im Haus direkt mit Arbeitsuchenden in Kontakt kommen können. Und sie will vorbildliche Unternehmen mit dem Label „Inklusiver Betrieb“ auszeichnen.

Aber Behinderte und Unternehmen zusammenzubringen, bleibt ein mühsames Geschäft, zeigte eine Diskussion von Unternehmern, Politikern und Experten, die Dieter Basener moderierte. Die im Metallbau tätige Wiegmann Holding habe auch schon ohne Subvention Behinderte in Einzelfällen beschäftigt, berichtet Andreas Wiegmann. Das Bersenbrücker Unternehmen arbeitet mit der gemeinnützigen Werkstatt zusammen. Doch wenn die Arbeitsgänge ständig wechseln, wie soll man da Behinderten ein stabiles Umfeld schaffen?

Der Bramscher SPD-Bürgermeister Heiner Pahlmann fand sich unversehens auf einer Linie mit Christdemokrat Calderone und mit Kreisrat Matthias Selle vom Landkreis Osnabrück wieder: Alle müssen zugeben, dass ihre Kommunen ähnlich der Wirtschaft nur wenige Behinderte beschäftigen. Zugleich sind alle guten Willens und wollen wie viele Unternehmer auch die Situation ändern.

Damit stehen die Kommunen vor dem gleichen Problem wie die Wirtschaft. Beide müssen genau hinschauen , wo sich bei ihnen Tätigkeiten finden lassen, die ein Mensch mit dem einen oder anderen Defizit ausüben könnte. Die Bedingungen müssen auf beiden Seiten passen, damit etwas Dauerhaftes entstehen kann.