Quakenbrück I Bersenbrücker Kreisblatt vom 12. Dezember 2017

Rücksichtslose und zu schnelle Autofahrer, gefährdete Radler und Kritik am Lkw-Durchgangsverkehr – wieder einmal hat die Verkehrssituation in der Burgmannstadt im Rat für Diskussionen gesorgt. Die Stadtverwaltung nahm die Kritik der Bürger ernst – und bat um Geduld.

Anwohner der Friedrich-Ebert-Straße und der Wilhelmstraße haben in der jüngsten Stadtratssitzung deutlich ihren Unmut über die Verkehrssituation geäußert. In der Bürgerfragestunde gleich zu Beginn sahen sich Rat und Verwaltung mit einer langen Liste an Kritikpunkten konfrontiert.

Friedrich-Ebert-Straße: Die Anlieger wollten das rücksichtslose und schnelle Fahren von Kraftfahrzeugen aller Art nicht länger hinnehmen, sagte ein Anwohner. Statt mit Tempo 50 brausten Autos mit 70 km/h durch die Innenstadt und stellten damit für Radfahrer und Fußgänger eine Gefahr dar. Das Ein- und Ausfahren von den Grundstücken sei risikoreich geworden, weil viele Radfahrer aus Sicherheitsgründen auf dem Bürgersteig führen anstatt auf der Straße. Das sei auch auf der aufwendig sanierten Wilhelmstraße der Fall, „die für Radfahrer keinerlei Besserung gebracht hat“, sagte er. „Die angedeutete Radfahrspur hört vor dem Kreisel auf: Ein Witz!“ Wer seine Sicherheit nicht gefährden wolle, benutze den Bürgersteig. „Wie will die Verwaltung das Problem lösen auch mit Blick auf das Markenzeichen ‚Radfahrstadt‘?“, fragte der Mann.

Wilhelmstraße: Kritik regte sich an der Größe des Kreisverkehrs auf der Wilhelmstraße. Für Radler sei dieser schlicht zu eng, weshalb viele auf den Bürgersteig auswichen, berichtete ein Einwohner. „Autofahrer nehmen sich die Rechte, die sie kriegen können.“ Auf die laut Straßenverkehrsordnung verlangte gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr wolle er sich als Radler nicht verlassen.

Ein Anwohner der Wilhelmstraße stellte fest, dass noch nicht alle bei der Sanierung gemachten Zusagen erfüllt worden seien. „Es stehen noch Nacharbeiten aus, es fehlen zum Beispiel Zebrastreifen“, monierte er. Die Anlieger müssten also für etwas zahlen, „was Sie uns versprochen haben, aber bisher nicht eingetreten ist“. Als einen Grund, weshalb auch Radler in der Wilhelmstraße lieber den Bürgersteig nutzten als die auf der Fahrbahn abmarkierte Fahrradspur, hatte er den Lkw-Durchgangsverkehr ausgemacht. „Der zwingt Radler doch auf den Fußweg“. Auch Schulbusse nutzten die Wilhelmstraße, „obwohl sie auch die Südumgehung nutzen könnten“, ergänzte eine Anwohnerin. Dass das aber möglich sei, habe sich 2016 während der Bauarbeiten gezeigt.

Schulstraße: Hier wollte ein Anwohner wissen, wann mit der Einrichtung von Tempo 30 zu rechnen sei. Davon sei doch bereits im Juni die Rede gewesen.

Das sagt die Verwaltung: Stadtdirektor Claus Peter Poppe nahm zu den Vorwürfen Stellung. Die gleichberechtigte Nutzung einer Straße durch Kfz-Verkehr und Radlern solle eigentlich der gegenseitigen Rücksichtnahme dienen. Radler auf dem Bürgersteig seien nicht verkehrsgerecht, „das dient auch nicht der gewünschten Verlangsamung“, so Poppe. „Dass alle die gleichen Rechte haben, ist schön und idealistisch. Die Realität sieht aber anders aus“, widersprach ihm sofort ein Bürger. Poppe sagte zu, alle genannten Themen erneut zu prüfen. Die Herausnahme des Schwerlast-Durchgangsverkehrs sei ein Bestandteil des in Auftrag gegeben Verkehrsentwicklungskonzeptes, dessen Endfassung in Kürze erwartet werde. Die Zebrastreifen auf der Wilhelmstraße seien wegen der Witterung bisher nicht aufgebracht worden. „Der Auftrag ist aber erteilt“, berichtete er. Gleiches gelte für Tempo 30 auf der Schulstraße. Hier habe es Mitte November eine Verkehrsschau gegeben, die Umsetzung werde erfolgen, so der Stadtdirektor. Einen Termin nannte er aber nicht.

Das sagt der Stadtrat: Unzufrieden mit der bisherigen Umsetzung des Verkehrsentwicklungskonzeptes zeigte sich die CDU-Fraktion. „Ich kann den Unmut der Bürger verstehen. Den müssen wir uns gefallen lassen“, sagte Fraktionschef Christian Calderone. Viele der im Verkehrskonzept aufgelisteten kurzfristigen Maßnahmen seien bisher nicht umgesetzt worden, „obwohl Geld im Etat bereitsteht“. Im Interesse der Sicherheit forderte er ein schnelles Handeln.

Andreas Henemann (Grüne) sah sich bestätigt. Der markierte Schutzstreifen für Radler auf der Wilhelmstraße sei, wie befürchtet, „keine zufriedenstellende Lösung“.. Es wäre besser gewesen, Gehweg und Radweg zusammenzulegen und mittels Grünstreifen zu trennen. „Das wäre möglich gewesen, aber eine Mehrheit im Rat hat ja anders entschieden“, erinnerte er an den Ratsbeschluss im Februar 2016. Fraktionskollege Eckhard Schiffer, selbst Anwohner der Wilhelmstraße, berichtete von Beobachtungen, wonach „jeder zweite Radfahrer den Bürgersteig nutzt“. Viele hätten schlicht Angst, sich auf die Straße zu wagen.

Stadtdirektor Claus Peter Poppe kündigte an, die genannten Kritikpunkte nochmals abklären zu lassen. Das Verkehrskonzept solle selbstverständlich auch dazu beitragen, „Quakenbrück für Radfahrer sicherer zu machen“. Dazu seien eine Vielzahl von Vorhaben aufgelistet worden, die sich kurzfristig erledigen ließen. Anderes sei aber nur mittel- und langfristig umsetzbar. Poppe bat dazu um „die notwendige Geduld“.